Schloss Beuchow
Die meisten von uns haben Kindheitsorte, die mit Bildern aus der Vergangenheit gefüllt sind. Steven Raabe hat so einem Ort seiner Kindheit ein neues Gesicht gegeben. 2011 hat der Pilot und Unternehmer, der heute eine eigene Charterflug-Firma im rheinländischen Heneff leitet, auf einer Auktion seinen ehemaligen Kindergarten in Groß Beuchow im Spreewald ersteigert und ihn denkmalgerecht saniert. Mehrere Jahre hatte das Gebäude – ein ehemaliges Jagdschloss, das 1746 auf den Grundmauern einer slawischen Burganlage errichtet wurde - zuvor leergestanden. Fast fünf Jahre wurde anschließend am Umbau von Schloss Beuchow gearbeitet, bis es im Sommer 2016 eröffnet werden konnte. Die historische Substanz des Schlosses zu erhalten und gleichzeitig den Ansprüchen eines zeitgemäßen Betriebes gerecht zu werden, waren für Raabe Leitlinien bei der Sanierung der geschichtsträchtigen Anlage. Gemeinsam mit seiner Mutter Barbara Reiprich, die als Ansprechpartnerin vor Ort fungiert, betreibt der 40-jährige seither fünf hochwertige Ferienwohnungen mit großzügigen Schlaf-, Wohn- und Essbereichen und ausgesuchtem Mobiliar im Schloss. Für ihre herausragende Qualität wurden sie jüngst mit fünf Sternen des Deutsche Tourismusverbandes ausgezeichnet. Auch das Außengelände des Schlosses bietet Urlaubern viel: Zum Gebäude gehören eine ehemalige kleine Kirche, die separat für Veranstaltungen nutzbar ist und eine großflächige Parkanlage mit Biergarten, Freilichtbühne und Kinderspielplatz sowie viele Rasenflächen mit Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen einladen. An den südlichen Ausläufern des Spreewaldes in der Niederlausitz gelegen, ist der Lübbenauer Stadtteil Groß Beuchow idyllischer Ausgangspunkt für die Entdeckung abwechslungsreicher Naturlandschaften.
Herr Raabe, wie sind Sie darauf aufmerksam geworden, dass das Gebäude zum Verkauf steht und was hat Sie bewogen, sich dieser Herausforderung anzunehmen?
Meine Familie lebt in Groß Beuchow / Lübbenau. Da das Schloss im Zentrum des Dorfes liegt, war der Leerstand nicht zu übersehen.Wir fanden es natürlich schade, als das Gebäude zunehmend verfiel und haben uns lange gefragt, warum dort nichts passiert. Als wir erfahren haben, dass die gräfliche Familie Lyars das Haus versteigern wird, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht. Auf der Versteigerung gab es an die 100 Objekte im Angebot, eines davon das Schloss Beuchow. Ich habe letztlich den Zuschlag bekommen.
Was wissen Sie über die Geschichte und vorherige Nutzung des Hauses?
Dank der Vorbesitzer gab es eine gut dokumentierte Geschichte, die wir mit Hilfe des Historikers und Autors Lothar Uebel verschriftlicht haben. Es ist sehr wertvoll, sich darauf besinnen zu können und wichtig für uns, diese Historie mit dem Ort zu verbinden. Das Schloss wurde 1746 im Barockstil mit Fachwerk erbaut, war zunächst Wohnsitz von Rochus Friedrich Graf zu Lynar und wurde später an adelige Herrschaften vermietet. Wilfried Graf zu Lynar überließ das Schloss dann 1936 den Nazis als Arbeitsdienstlager. Nach dem Zweiten Weltkrieg bewohnte eine Familie die rechte Gebäudehälfte und in die linke Hälfte zog ein Kindergarten ein, den später auch große Teile unserer Familie besucht haben.
Sie selbst sind ebenfalls in den dortigen Kindergarten gegangen. Gibt es eigene Erinnerungen an diese Zeit im Schloss?
Meine Mutter und alle nachfolgenden Generationen waren dort – Tanten, Onkels, Cousinen und meine Schwester und ich. Meine Großtanten haben sogar dort gearbeitet. Es gab also von jeher eine Verbindung zu dem Ort, auch wenn es aus heutiger Betrachtung natürlich ein ganz anderer Blickwinkel ist als in Kindertagen. Mir ist von damals vorrangig der alte und modrige Geruch präsent. Auch habe ich z.B. die Kirche nie wahrgenommen. Sie wurde zuletzt als Schuppen genutzt und war völlig unscheinbar. Erst nach dem Kauf des Objektes sind wir auf Bauzeugnisse der ursprünglichen Nutzung gestoßen, wie die gotischen Fensteröffnungen oder die Holzsäulen, und konnten durch weitere Recherchen das tatsächliche Alter der Kirche ermitteln. Sie stammt wahrscheinlich aus der Zeit zwischen 1150 und 1250 und ist damit eine der ältesten noch stehenden Mutterkirchen der Niederlausitz.
Das Haus stand vor Ihrem Kauf sieben Jahre leer. Wie gestaltete sich die Sanierung?
Ich habe das Gebäude 2011 gekauft. Zwei Jahre hat es gedauert, zu entkernen und die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die denkmalgerechten Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Danach erst ging es an den Ausbau und die gestalterische Arbeit. Bei den Arbeiten am Haus war uns wichtig, Altes alt sein zu lassen und Neues geschickt hinzuzufügen, so dass ein authentisches Bild vermittelt wird. Das entstandene Kontrastverhältnis zwischen historischer Substanz und modernen Materialien prägt Schloss Beuchow als Ort und formt den ihm eigenen Charakter. Durch die Auseinandersetzung mit den Vorgaben des Denkmalschutzes haben wir neben unseren eigenen Ideen auch viele weitere Anregungen bekommen. Wir möchten mit unserem Beispiel auch Andere ermutigen und zeigen, dass sich die Mühe lohnt, ein solches historisches Gebäude zu erhalten.
Was war Ihnen bei der Gestaltung der Ferienwohnungen wichtig und welche Gäste wollen Sie damit ansprechen?
Wir wollen vor allem Familien ansprechen, die großzügig bemessenen Wohnraum mit moderner Ausstattung an historischer Stätte zu schätzen wissen. Beim Bau haben wir mit Betrieben aus der Region zusammengearbeitet und fast ausschließlich ökologische Baustoffe und natürliche Materialien verwendet. Auch bei der Einrichtung waren uns Qualität und Nachhaltigkeit wichtig. Wir haben ein besonderes Augenmerk auf komfortable Betten gelegt und uns viel Mühe bei der Auswahl gemacht, schließlich gehört erholsamer Schlaf zum Urlaub dazu. Die Bezüge sind aus Leinen und stammen aus einer Manufaktur in der Lausitz, die Küchen aus Thüringen, die Polstermöbel von einem kleinen Hersteller aus Köln und die historischen Holztische aus einer Werkstatt in Holland, die altes Mobiliar aufarbeitet.
Neben den Ferienwohnungen wollen Sie auch das kulturelle Angebot der Region bereichern…
Wir sind im Moment noch dabei, ein Konzept für ein passendes Kulturangebot zu entwickeln. Für die Zukunft ist geplant, das Schlossgelände auch für kulturelle Events wie Feste, Konzerte, Lesungen und Ausstellungen zu nutzen oder im Idealfall diese Elemente zu koppeln. Im Eröffnungsjahr hatten wir zum Auftakt bereits eine erste Ausstellung mit den Ölgemälden des Cottbusser Künstlers Günther Rechn in der Kirche. Daneben ist sie z.B. auch für Seminare und Hochzeiten nutzbar.
Ihr Tipp für den Brandenburg-Urlaub?
Meines Erachtens nach bietet die Region weit mehr als nur die klassischen Kahnfahrten. Neben diesen Hauptattraktionen hat der Spreewald noch viel mehr Entdeckungspotenzial und ist lohnenswert, sich einmal selber auf die Suche zu machen. Dazu wollen wir unsere Gäste gern anregen. Wir haben z.B. mehrere Radtouren entwickelt, die z.T. auch die historische Verortung unseres Hauses aufgreifen, wie etwa eine Schlössertour, eine Tour entlang der Niederlausitzer Mutterkirchen oder auf der alte Spreewaldbahntrasse (Hyperlink). Auch entlang dieser Routen gibt es immer wieder schöne Dinge zu entdecken, und es entwickelt sich viel Neues in der Region.
Fotos: Robert Winter
Interview: Katrin Gewecke
Kontakt:
Schloss Beuchow
Barbara Reiprich
Beuchower Hauptstraße 18
03222 Lübbenau (Spreewald) OT Groß Beuchow
Weitere Informationen unter: www.schloss-beuchow.de